Sabine - eine Moritat (3/3)

Teil 3 von 3

Hi Leute
Danke für Eure Geduld....
Hier nun der 3. und letzte Teil.

Kapitel 11

Meine eindringliche Aufforderung, diese bescheuerten Lügen ohne Sinn und Zweck zu unterlassen und endlich nach einer Wohnung zu suchen, bevor ich sie pünktlich nach Ablauf der drei Wochen vor die Tür setzen würde, hatten bei Sabine einen recht seltsamen Effekt:
Innerhalb von drei Tagen hatte sie einen Job als Bedienung in einer Kneipe.
Sie war betont freundlich, aber gleichzeitig hatte ich das dumpfe Gefühl, daß sie jetzt *nur* noch Märchen erzählte.

In einem Gespräch betonte sie nochmals, am Montag *nicht* nach Koblenz gefahren zu sein. Zwar habe sie Jochen recht gerne, aber er sei halt wirklich unglaublich naiv. Das sei nichts für sie. Während des Gespräches plauderte sie ein wenig über seine persönlichen Daten:
Jochen war Beamter
Jochen war verständnisvoll
Jochen lebte in gesicherten Verhältnissen
Jochen war.....

Irgendwann ging mir auf, das all diese Angaben auch ebensogut auf mich zutrafen.
Spätestens in diesem Augenblick ging mir ein ganzer Kronleuchter auf und ich sah Sabine erstmals exakt so, wie sie wirklich war. Ich dankte meinem Schöpfer, mich zumindestens im Ausmaß der Naivität von Jochen zu unterscheiden.... hoffte ich. Ab diesem Augenblick brachte ich Sabine innerlich nur noch kalte Verachtung entgegen.
Sabine hatte ihr Spiel gespielt. Ab jetzt würde ich meines spielen.
Ich besitze eine Charaktereigenschaft, die man wohl am treffensten als Ambivalenz bezeichnen könnte. Die meisten Menschen schätzen mich als höflich, nett und vertrauens- würdig ein. Eigentlich bin ich das auch. Es ist mir aber ein leichtes, diese Eigenschaften als Maske zu benutzen, während ich innerlich eiskalt bin und nach Rache sinne.
Weiterhin gehe ich davon aus, daß ich A meine und die Mitmenschen dann auch A glauben sollten. Interpretieren sie da ein B hinein, ist das ihr Problem.
Ich blieb weiterhin der verständnisvolle Mensch, als den sie mich kannte, während ich in Wirklichkeit mit ziemlicher Belustigung ihre Versuche beobachtete, eine Lüge mit einer noch größeren zu stützen, diese dann widerrum mit einer noch größeren.... usw.
Ich sagte ihr während des Gespräches, das sie mir bestimmt nicht weh tun würde, wenn sie sich in Jochen verliebt hätte. Sie betrachtete dies als sehr edelmütig und lobte mich dafür, während ich innerlich nur hoffte, *das* Jochen ein Abnehmer für Sabine sei. Umso schneller hätte ich sie vom Hals gehabt.
Aber nein, sagte sie. Sie liebe ihn nicht und würde auch kein Verlangen nach näherem Kontakt zu ihm haben. Freitags verkündete sie freudestrahlend, sie sei am Samstag bei Freunden in Xanten eingeladen. Ob ich sie bitte samstagmorgen um Punkt acht in Xanten absetzen könnte? Klar konnte ich das....

Kapitel 12

In dieser Freitagnacht musste Sabine zum erstenmal in der Kneipe bedienen.
Auf meine Frage, warum sie dann schon, ohne lange geschlafen zu haben, so früh nach Xanten müsse, obwohl die Grillparty bei ihren Freunden (welche sie erstmals erwähnte...) erst am Nachmittag beginnt?
Sie erzählte irgendwas von Geschenke besorgen.... Langsam bekam ich richtigen Spass daran. Ich hatte nie geahnt, das Detektiv spielen so unterhaltsam ist... Ergo warf ich den Rechner an und schaute in das Angebot der Bahn. Hmmm... Abfahrt Xanten HBF, nach 08.00 samstags, Ziel Koblenz.
Innerhalb von ein paar Sekunden spuckte der Rechner die Antwort aus: Abfahrt Xanten nach Koblenz 08:15 Uhr. Ich grinste.
Am nächsten Morgen bummelte ich absichtlich langsam über die Landstraße nach Xanten, während Sabine immer hektischer wurde und ständig auf die Uhr schaute... Punkt 08:05 setzte ich sie in der Innenstadt an der Fußgängerzone ab, wo sie ja Geschenke kaufen wollte.... und wo das erste Geschäft erst um 09:00 öffnet.
Nun, Sabine entschwand um die nächste Ecke, während ich Richtung Bahnhof fuhr, den Wagen in einer Seitenstraße parkte und das Postamt betrat, aus dessen Schalterraum man einen herrlichen Blick auf den Bahnhof hat.
Gegen 08:13 keuchte unten auf der Straße eine ziemlich atemlose Sabine vorbei und erreichte gerade noch ihren Zug, der gerade einlief.
Auf der Heimfahrt hatte ich richtig gute Laune und wäre ich dabei geblitzt worden, besäße ich nun ein Foto, auf dem ich herzhaft grinse.
Es war ein herrlich ruhiges Wochenende, die einzige Störung verursachte ein Anruf von Sabines Schwester aus Xanten, die gerne Sabine sprechen wollte und fürchterlich sauer war. Im Sommer des Vorjahres hatte sich Sabine einen riesigen Geländewagen gekauft, der natürlich sämtliches Zubehör haben musste: Gesamtpreis 80.000 DM.
Der Kaufpreis wurde finanziert und da Sabine aus naheliegenden Gründen keinen Kredit bekam, wurde halt die Schwester überredet, das ganze über sich laufen zu lassen.
Irgendwann konnte Sabine -natürlich- die Raten nicht mehr abbezahlen, der Händler zog den Wagen ein und verkaufte ihn als Gebrauchtwagen weiter.
Der Verlust von 23.000 DM blieb logischerweise an der Schwester hängen, die ja der vorgebliche Halter war.... Die Arme war nur Aushilfe und lebte noch zuhause.
Ich hatte mich ja in den letzten Wochen daran gewöhnt, im Briefkasten ständig Mahnungen und Schreiben von Anwälten an Sabine zu finden... aber diese Story war auch mir neu.
Die eigene Schwester.... "Viel Spaß, Jochen" , dachte ich.

Kapitel 13

Montags trudelte Sabine per Bus wieder ein. Die Feier sei toll gewesen, und den Sonntag habe sie bei den Eltern verbracht.
Genüsslich fragte ich sie nach ihren Freunden auf der Party aus, wobei ich anerkennend feststellen musste daß Sabine aus dem Stehgreif komplette Biographien erfinden konnte. Allerdings alles Leute ohne Nachnamen. Wo denn eigentlich ihre Schwester am Sonntag gewesen sei? Warum, fragte sie, natürlich bei uns zu Hause Komisch... meinte ich, und erzählte von deren Anruf. Ach, SONNTAG! Nö, da sei ihre Schwester zu Besuch bei einer Tante gewesen...
Ich ließ dies unkommentiert und wechselte das Thema. Die folgenden zwei Wochen sahen wir uns kaum. Ich arbeitete tagsüber, sie nachts. An den Wochenenden war sie neuerdings ständig bei " ihren Eltern" und brachte von dort jedesmal Werbeartikel mit, wie Columbia, Tristar und MGM sie üblicherweise in Kinos verteilen. Hatte ich erwähnt, das Jochen abends manchmal im Kino aushilft? Das hatte mir Sabine selbst erzählt. Lügen sind dumm. Dumme Lügen sind ätzend.
Irgendwann spürte ich keinerlei Ansporn mehr und ließ sie einfach nur noch erzählen.....
Das Ende der Frist rückte näher und Sabine sparte ihr Geld für die erste Miete. Sie hörte sich in der Pinte um und fand tatsächlich eine Winz-Wohnung, die zum Ersten frei wurde. Dabei handelte es sich um eine Art Gästehaus, daß die Zimmerchen in einer umgebauten alten Villa auf Monatsbasis vermietet. Mir war`s egal. Am 01.09. zog Sabine aus.
Endlich.
Ich erwartete, nie mehr von ihr zu hören.

Kapitel 14

Am 02.09. habe ich für gewöhnlich Geburtstag. Einer der Leute, die mir telefonisch gratulierten, war Sabine, die sich allerdings nicht sehr glücklich anhörte: In der Pinte hatte sie was mit einem Gast angefangen, der leider der hiesigen türkischen Mafia angehörte.... und als sie ihren Spass gehabt hatte, er aber mehr wollte, setzte er sie unter Druck. Da aber der Kneipenbesitzer etwas gegen eine Neugestaltung seiner Räume mittels Baseball-Schlägern hatte, fand unsere liebe Sabine sich kurz darauf auf der Straße wieder. ...und jammerte mir vor, wie sie denn jetzt ihre Miete bezahlen solle und wie den Monat überstehen? Ob ich nicht... ich bekäms ja auch wieder...
Ich schlug ihr eine verblüffende Lösung vor: arbeiten.

Nachdem sie das erstaunlich gut weggesteckt hatte, bestätigte sie die Genialität dieses Vorschlages und wollte sich dann mal umsehen...
Schon am nächsten Tag verkündete sie per Telefon, in Xanten einen alten Schulfreund getroffen zu haben, der *rein* zufällig dort eine Kneipe besäße und sie angestellt hätte. Toll!
Die Arbeitszeiten seien zwar ziemlich heavy, nämlich vom 21:00 bis 05:00 morgens, aber dafür würde sie vom Chef in Wesel abgeholt werden und morgens wieder nach Hause gebracht werden.
Ich wunderte mich zwar ein wenig über diese Öffnungszeiten in einem Kaff wie Xanten, aber was ging es mich noch an?
Für mich war das Kapitel "Sabine" schon fein säuberlich zu den Akten gelegt.

Acht Tage später bat mich Sabine widerrum telefonisch um ein Treffen in unserem alten Stammbistro. Da sie sehr geheimnisvoll tat und ich ein ziemlich neugieriger Mensch bin, stimmte ich zu.
Mensch, was wollte die eigentlich noch von mir?? Nun, als ich das Bistro betrat, suchte ich Sabine zuerst vergeblich.
Ich kannte sie nur in den immer gleichen Klamotten, in Jeans und Pulli, in einem Kleid oder einer Bluse. Zuhause bei mir hatte sie mit Vorliebe meine alten langen Bundeswehr-Unterhosen getragen, die zwar durchaus als Legging - Ersatz taugen, an einer Frau dann aber doch etwas seltsam aussehen... Irgendwann bemerkte ich eine Dame, die mich unentwegt angrinste. Nach näherem Hinsehen indentifizierte ich sie tatsächlich als Sabine... aber was war passiert?

Todschicke Klamotten aus der Boutique, manikürte Finger, eine top Frisur.... Pumps vom Feinsten, perfekt geschminkt.
SO konnte Sabine auch aussehen?? Ich war baff.

Och, meinte sie, ihr Chef habe ihr einen Vorschuss gegeben, weil, die Kneipe sei eine In-Kneipe und in den alten Klamotten....
Da ich mir angewöhnt hatte, bei einem "Guten Morgen" von Sabine erst mal nach draußen zu schauen, ob der Morgen denn auch wirklich gut ist...
...fragte ich erst gar nicht nach dem Namen der Kneipe. Es war mir auch egal.
Stolz drückte sie mir 100 Mark in die Hand und verkündete, das würde sie jetzt wöchentlich wiederholen, bis ihre Schulden bei mir abgetragen seien. Mein Interesse wuchs schlagartig. Den Kaffee bezahlte natürlich sie, ihr Portemonai war prall gefüllt.
Dann fragte sie noch, wie man einen Scheck auf ihr Postgirokonto einreichen könne? Ich erklärte es ihr, während sie mir den Scheck vor die Nase hielt....
Der Scheck, ein Teil des "Vorschusses" , war seltsamerweise nicht in Xanten ausgestellt, wo ihr Boss ja wohnte und sie arbeitete, sondern in Rheinberg, 20 KM weiter. Dies registrierte ich eigentlich nur unterbewusst aus alter Gewohnheit, schließlich war ich mal Kassenbeamter.

Ein paar Wochen lang trafen wir uns regelmäßig im Bistro, erzählten vom Tag und ich begann schon fast zu glauben, das ich damit leben könnte... Sabine war immer noch eine aufregende Frau, die das Leben recht bunt machte. Ihr Vorschuss war scheinbar unerschöpflich, sie prasste mit dem Geld herum wie nichts und hatte ständig neue Klamotten. Ich kam staunend zu dem Ergebnis, das sie pro Tag ungefähr 500 DM verdienen musste.... nicht schlecht für eine Bedienung. So langsam bekam ich einen gewissen Verdacht....
aber nein, so bescheuert konnte selbst Sabine nicht sein. Die Wochenenden über war sie nunmehr nicht mehr nur bei "ihren Eltern" , nein, neuerdings wurde sie schon mal vom Chef angeblich für 48 Stunden nach Südtirol eingeladen.

Eine kurze überschlägige Berechnung der Fahrtzeit hin und zurück ließ mich allerdings vermuten, das Südtirol für Sabine weiterhin in der Nähe von Koblenz lag... Ich grinste mir innerlich einen ab und hielt die Klappe.

Bei einem unserer Treffen nach einem Einkaufsbummel, bei dem ich staunend feststellte, das Sabine mich als männlichen Berater für Dessous mitschleifte, die sie halt so gerne mochte, auch wenn man in der Kneipe nichts davon sah.... fragte sie mich bei einem Milchkaffee so ganz nebenbei, was eigentlich La Belle Auberge auf Deutsch hieße. Ich gab ihr die gewünschte Auskunft.
( WOW! Welch eine Satzkonstruktion!! )

Ein paar Tage später lag das wöchentliche Käseblättchen im Briefkasten. Beim Überfliegen der Anzeigen blieben meine Augen bei den Worten "La Belle Auberge"hängen... fast hätte ich ich weitergelesen, doch unwillkürlich fing ich an, die Anzeige zu lesen.
In diesem Inserat warb nun eine Bar für seine sehr gemütliche Atmosphäre, netten Service und der Erfüllung aller Wünsche der Herren.
Die Bar war in Rheinberg. Woher stammte nochmal Sabines Scheck? " Zufälligerweise" deckten sich auch die Öffnungszeiten mit den Arbeitszeiten Sabines. Das in der Anzeige freie An- und Abfahrten für das Personal versprochen wurde, war nur noch das Tüpfelchen auf dem i.
Das Aufgehen eines recht sehenswerten Kronleuchters wurde mittlerweile für mich schon zur Routine.... Zwar glommen da schon vorher kleine Lämpchen... ...aber trotz besseren Wissens: Ich konnte es nicht fassen.

Kapitel 15

Wie hatte ich *so* blind sein können? Ich, der sich was darauf einbildete, Menschen nach Belieben manipulieren zu können? Ich, der ich meinte, alles Wissenswerte zu wissen? Ich,...war wie betäubt....
Warum neigen wir dazu, vor dem Offensichtlichen die Augen zu verschließen?

Ich habe nichts gegen Prostituierte. Jeder Mensch ist für sein Leben alleine verantwortlich. Wenn ein Mann so blöd ist, dafür eine Stange Geld zu bezahlen....

Aber *das* schockierte mich.

Ich hatte angefangen, die Aids-Geschichte Sabines als ebenso seltsame Lüge abzutun, wie es die anderen auch waren. Kurz nach Sabines Auszug rief jedoch ihre alte Freundin Moni aus Bremen an, weil sie schon so lange nichts mehr von Sabine gehört hatte.
Ich erklärte ihr die Umstände, das ganze Hin und Her....

Typisch Sabine, sagte Moni. Ich fragte sie nach der Sache mit Sabines HIV+ Klar, sagte sie. Nachdem ich es wusste, habe ich ihr heftige Vorwürfe gemacht wegen der Partnerclub-Besuche. Danach schlief der Kontakt ein. Ihr letztes Lebenszeichen kam von deiner Anschrift.... meinte sie.

Klar... warum hätte Sabine mich sonst bei den Komplikationen nach dem Abort gebeten, ihre blutverschmierten Sachen seperat zu waschen und nur mit den Handschuhen aus der 1. Hilfe-Box anzufassen....? Warum behandelten sie die Krankenschwestern nach der ersten Blutprobe nur noch mit Handschuhen? Ich war mir diesmal 100% sicher:
Diese Frau als Nutte war eine wandelnde Mordmaschine.

Und ich hätte es wissen können, ahnen können. Wie viele hatte sie mittlerweile angesteckt? Den Mafioso und ungezählte Typen aus dem Belle Auberge? Jochen? Klar, die Kerle waren letztlich selber schuld, aber konnte man dazu schweigen?
Ich habe in dieser Nacht nicht sonderlich gut geschlafen.

Kapitel 16

Am nächsten Mittag fuhr ich bei Sabine vorbei. Sie öffnete, ich trat ein und kam ohne Umschweife zur Sache.

Sie leugnete nichts. Es schien so, als sei eine große Last von ihr abgefallen zu sein. Sie lächelte mich an und zum erstenmal seit Monaten hatte ich das Gefühl, wieder die Wahrheit aus ihrem Munde zu hören.
Sie erzählte vom Mißbrauch durch ihren Großvater mit 12, daß ihr danach mental 2 Jahre einfach fehlen würden, ausgelöscht.
Wie sie anfing, die Männer zu hassen und sie mittels Sex zu dominieren.... und dies zu genießen. Wie sie dieses erwähnte Jahr nach ihrer Scheidung verbracht hatte... es hatte ihr 110.000 gebracht, genug, um sich aus den Schulden der Ehe freizukaufen. Wie sie mit Genuß die Kerle abzockte und sie gleichzeitig verachtete, weil sie ihr hörig waren. Die Tatsache, daß ich dagegen immun gewesen sei, habe ihr wirklich imponiert.
Sie nannte mich ihren einzigen Freund. In der Tat hatte sie ihre Schuld mehr als bereinigt und mir jeden Pfennig zurückgezahlt.

"Sabine, Du weißt, was ich tun werde, wenn Du deinen Job weitermachst? Man nennt sowas Totschlag" "Ich weiß" sagte sie.

"Verdammt, warum warst Du nicht einfach ehrlich zu mir?" wollte ich wissen "Ich wusste nicht, das es sowas noch gibt"

"Wohin wirst Du gehen?" Sie lächelte nur und meinte: "Mir bleibt momentan nur eine Wahl - Ich schreib Dir mal aus Koblenz"

Kapitel 17

Am nächsten Tag rief mich ihre Nachbarin an. Margarete war 70, hatte sich gerade von ihrem Mann getrennt und wartete im Gästehaus auf die Fertigstellung ihrer neuerworbenen Eigentumswohnung. Sie erzählte, das Sabine am späten Abend ihre Wohnung verlassen hätte und mit einem Taxi und ihrer ganzen Habe Richtung Bahnhof gefahren sei. Ob ich wüsste, warum?
Ich sagte, ich wüsste es nicht, sie solle Sabine lieber vergessen. Daraufhin fing sie an zu weinen, mit wem solle sie denn jetzt reden, wer würde sich um sie kümmern? Schließlich hätte sie Sabine so liebgewonnen, daß sie ihr per Testament sogar ihre Eigentumswohnung vermacht hätte.
Ich sorgte dafür, daß das Testament wieder rückgängig gemacht wurde. Im Dezember starb Margarete...

Die folgenden Monate lebte ich wie in Trance. Immer wieder fielen mir Episoden aus diesem Alptraum ein, immer wieder wälzte ich die gleichen Gedanken. Nachdem ich von Freunden darauf hingewiesen wurde, das es auch noch andere Themen außer Sabine gäbe, beschloss ich, dies alles aufzuschreiben. Es war eine Art Therapie und nach dem 2. Teil war ich wieder frei...
Ich begann langsam, dieses Irgendetwas zu vergessen.

Ich hatte mich erkundigt... klar war Sabines Verhalten strafbar.
Allerdings bin ich Beamter genug, um einzusehen, daß ich realistisch betrachtet nichts gegen sie in der Hand habe.
Irgendwann war es mir auch egal.

Viele Monate sind seitdem verstrichen. Mir geht es wieder gut.
Das ich seitdem noch zynischer geworden bin...wen kümmert es. Im Alltag ist es durchaus nützlich. Nur manchmal habe ich Alpträume: Der Sensenmann schwingt seine Sense, trägt Dessous und lacht mir ins Gesicht. Mit Sabines Stimme dankt er mir...und lacht schallend.

Seit einiger Zeit bekomme ich Postkarten von Sabine: Aus Hongkong, Malaysia und Singapur. Gelegentlich ruft sie mich an und stöhnt über ihren Volltrottel Jochen, dessen Naivität ihr auf den Geist geht, der aber ihr Backup für schlechte Zeiten ist... Sie hat jetzt einen eigenen "Begleitservice" , natürlich äußerlich total seriös.
Sie hat von mir gelernt und geht alles streng logisch an: Abchecken der Rechtslage, Analyse der Möglichkeiten. Ihre Firma ist wasserdicht.
Sabine kommt viel rum... bald fliegt sie als Escort nach Australien...

Wohnst Du in der Nähe von Koblenz? Antworte nie auf Anzeigen mit einer 0171 Rufnummer...!

Ihr letzter Anruf kam aus ihrem angemieteten Bungalow, wo sie nun private "Events" veranstaltet.

Während unseres Gepräches klingelte es: der erste Besucher. Im Hörer vernahm ich noch Sabines Begrüßung, bevor ich schließlich auflegte:

Hi, ich bin die Marie-Claire
Willkommen zu meiner privaten Party.

ENDE

LuKe · Gepostet im Oktober 1997

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